- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
Österreich: Ein Land der Femizide?
16. November 2021 @ 19:00 - 21:00
Free – 10,00€Referentin: Maria Rösslhumer
Moderation: Eszter Dorner-Brader (Club alpha)
Wenn Maßnahmen unzureichend angewendet werden, ist das ein Freibrief für die Täter und für den unzureichenden Opferschutz
Österreich war lange Zeit europäisches Vorbild im Gewalt- und Opferschutz, aber das hat sich leider geändert. Im Vergleich mit anderen EU-Ländern werden in Österreich mehr Frauen als Männer im sozialen Nahraum ermordet. Die schwere Gewalt und die Morde an Frauen nehmen stetig zu, sie haben sich seit 2014 sogar mehr als verdoppelt. 2018 gab es einen Höchststand von 41 Frauenmorden, 2020 waren es 31 Femizide. Dieses Jahr wurden bereits 21 (Stand Juni 21) Frauen von Männerhand ermordet und 37 Frauen waren einem Mordversuch ausgesetzt und wurden schwer verletzt. Manche Frauen werden sogar vor den Augen ihrer Kinder ermordet.
Oft ist ein Mord der schreckliche Höhepunkt einer langen Gewaltgeschichte und Gewaltbeziehung. Tötungsdelikte und schwere Körperverletzungen durch den eigenen Partner passieren nicht aus heiterem Himmel, meistens gibt es zahlreiche Warnsignale. Diese Vorzeichen werden jedoch von Polizei und Justiz nicht erkannt und nicht ernst genommen, obwohl sich viele Frauen Hilfe holen oder Anzeigen erstatten.
Ein Grund warum das Ausmaß der Gewalt an Frauen so eklatant hoch ist, ist, dass die staatlichen Behörden diese Gewalttaten verharmlosen und Opfern die Verantwortung übertragen. Acht von zehn Anzeigen bei häuslicher Gewalt werden von der Staatsanwaltschaft eingestellt – häufig mit Begründungen wie „die Suppe ist zu dünn“, „die Beweise sind nicht ausreichend“ oder weil „Aussage gegen Aussage“ steht.
Das ist immer wieder eine schmerzhafte Demütigung für gewaltbetroffene Frauen.
Aber nicht nur das, auch die Verurteilungsrate ist sehr gering: Nur 12% der angezeigten Gefährder werden verurteilt. Viele werden freigesprochen und nur wenige kommen überhaupt in U-Haft, obwohl sie gefährlich sind oder bereits wegen schweren Gewaltdelikten angezeigt wurden. Vor allem gefährliche, besonders auffällige und polizeibekannte Gewalttäter werden von der Justiz, anstatt in U-Haft genommen zu werden, oft auf freiem Fuß angezeigt oder freigesprochen.
Gewalt an Frauen passiert in allen Ländern und ist daher ein globales, weltweites Problem. Es ist auch kein importiertes Problem, wie die Politik oft behauptet. Gewalt an Frauen kennt keine Grenzen. Nicht Migration ist Ursache der Gewalt an Frauen, sondern fehlende und echte Gleichstellung und Gleichstellungspolitik zwischen Frauen und Männern. Österreich ist noch weit entfernt von einer echten Gleichstellung! Sowie das tiefsitzende patriarchale System und Verhaltensmuster, wie Machtmissbrauch, Kontrolle und Besitzdenken, toxische Männlichkeiten und traditionelle Rollenmuster. Aber auch Gesetze und Behörden, die Gewalt verharmlosen und Betroffene die Verantwortung zuschieben und sie nicht ernst nehmen. Das führt immer wiederum zu Vicitim Blaming und Opfer-Täter- Umkehr. Auch Eifersucht, Liebe oder Leidenschaft sind nicht wirklich Tatmotive, sondern führen oft zu einem falschen Verständnis für Täter führen, da es in den Medien oft so dargestellt wird.
Maria Rösslhumer
Mag.a Maria Rösslhumer, Politikwissenschaftlerin, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), Leiterin der Frauenhelpline gegen Gewalt (0800/222 555) und Onlineberatung www.haltdergewalt.at, von 1997-2017 Geschäftsführerin des Vereins WAVE (Women Against Violence Europe), des Europäischen Netzwerks gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Vorstandsmitglied des Österreichischen Frauenrings und Mitgründerin des Vereins OBRA (ONE BILLION RISING AUSTRIA), Vorstandsmitglied von MAMANET Austria, Trainerin, Gender- und Gewaltexpertin. www.aoef.at, Gesamtkoordination von StoP-Margareten und StoP-Österreich www.stop-partnergewalt.at, Vorstandsmitglied des Vereins StoP-International.
Anmeldung erforderlich bis 16.11.2021, 12 Uhr