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Die “Stiefmutter” | Anneliese Stoklaska, Eszter Dorner-Brader
Mai 7 @ 19:00 - 21:00
Free – 10,00€
Gäste: Anneliese Stoklaska, Eszter Dorner-Brader
Mythos und Realität
Nichts ist für Kinder wichtiger als die Liebe und Fürsorge ihrer Mutter. Ihr Verlust war und ist für Familien, vor allem aber für jüngere Kinder, eine Katastrophe.
Die verwitweten Väter mussten handeln, sie brauchten eine Hausfrau und eine Ersatzmutter, gingen eine neue Ehe ein und somit erscheint die Stiefmutter auf der Bildfläche, denn infolge der Wiederverheiratung der Väter wuchsen viele Kinder unter der Obhut von Stiefmüttern auf.
Dass „Patchworkfamilien” in früheren Jahrhunderten nicht selten waren, lag an der deutlich geringeren Lebenserwartung und der hohen Sterblichkeit von Müttern bei Geburten und ist historisch belegt. Wenn der Nachteil der neuen Familienkonstellation größer war als der Vorteil, den ein funktionierender Haushalt mit Vater UND Mutter bot, haben die zahlreichen Erzählungen über Stiefverhältnisse einen realen Hintergrund und machen die Deutung der bösen Stiefmutter als Phantasiegestalt verständlich.
Allerdings war das Wort „Stief-Mutter” (ahd. stiof-muoter, mhd. stief-muoter) ursprünglich keineswegs negativ konnotiert, der erste Wortteil bedeutete „beraubt” oder „verwaist” und bezeichnete eine Person, die durch einen Verlust in der bisherigen Familie eine neue Position einnehmen musste, etwa ein Kind ohne leibliche Mutter oder einen Elternteil, der ein nicht leibliches Kind annahm (adoptierte). Das Wort „Stiefmutter” bedeutete also lediglich „Ersatzmutter”, auch wenn es mit der Zeit – vor allem durch Märchen und Erzählungen – eine negative Bedeutung bekam und zur „bösen“ Stiefmutter wurde.
Die ökonomische und organisatorische Notwendigkeit, einen „Mutterersatz” zu finden, besteht heute eigentlich nicht mehr. Vielmehr ist die Patchworkfamilie durch die flexiblen und mobilen Lebenssituationen gang und gäbe. Die Mama hat einen anderen Partner, der Papa vielleicht auch. Damit ergeben sich für die Kinder die unterschiedlichsten Konstellationen.
„Stepmother”, wie Stiefmutter im Englischen heißt, trifft die Situation besser: anstelle der Mutter. Was heißt das jetzt aber für die Step- oder Stiefmütter? Sie übernehmen eine schwierige Aufgabe, nehmen eine schwierige Position ein. Sie sind nicht die leiblichen Mütter, übernehmen aber deren Arbeit, sowohl psychisch als auch physisch. Sollen sie „beste Freundinnnen” sein? Oder doch Mutterersatz? – wobei „Ersatz” immer eine Abwertung beinhaltet. Wer hilft ihnen, damit sie mit all diesen – teilweise fast nicht zu bewältigenden – Problemen nicht alleine bleiben? Und warum gibt es die gleiche Konstellation nicht für den Stiefvater? Den gibt es ja auch. Aber oft tritt er weder im wirklichen Leben noch in der Literatur in Erscheinung.
Lassen wir uns auf dieses komplexe Thema ein! Informieren wir uns, diskutieren wir miteinander – vielleicht finden wir die eine oder andere Erklärung oder gar Ideen zur Lösung so mancher „Stiefmutter”-Probleme.
Anneliese Stoklaska:
Studium der Geschichte u. Germanistik, Beamtin im Wissenschaftsministerium, seit 2011 im Ruhestand, seit 1988 Mitglied im Club alpha
Eszter Dorner-Brader:
Studium der Geschichte und der Politologie, Diplom in Existenzanalyse und Logotherapie (Viktor E. Frankl), seit 1991 Mitglied im Club alpha