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LITERATUR UM 3 | bei Kaffee und Kuchen
Februar 15 @ 15:00 - 17:00
Free – 10,00€Moderation: Gerda Hienert & Anneliese Stoklaska
Daniel Kehlmann
Lichtspiel
Im Zentrum von Daniel Kehlmanns Roman „Lichtspiel“ steht Georg Wilhelm Pabst (1885 – 1967)[1], ein heute weitgehend vergessener österreichischer Filmregisseur, der in der Stummfilmzeit gefeierte Meisterwerke wie „Die freudlose Gasse“ und „Die Büchse der Pandora“ gedreht hat und als linker Avantgardist galt. In Europa war er berühmt, hatte mit der Garbo gearbeitet und Brechts “Dreigroschenoper” verfilmt.
Zur Zeit der Machtergreifung der Nationalsozialisten befand sich Pabst gerade zu Dreharbeiten in Frankreich, wo er noch einen weiteren Film verwirklichte, bevor er noch im selben Jahr nach Hollywood, ging wo er allerdings wenig Erfolg hatte. 1936 kehrte Pabst wieder nach Frankreich zurück und drehte bis 1939 drei weitere Filme, die eher dem Unterhaltungsgenre zuzurechnen sind. Noch im Jahr 1938 beschloss er, endgültig in die USA zu gehen. Er wurde allerdings im September 1939 durch den Beginn des Zweiten Weltkrieges überrascht, als er gerade seine Familie in Österreich besuchte. Da die Ausreise nicht mehr möglich war, blieb er in Nazi-Deutschland und drehte nun Filme für die Bavaria Film/UFA, was ihm, dem einstigen „roten“ Regisseur, den Ruf eines Opportunisten einbrachte und dazu beigetragen hat, dass er nach Kriegsende nicht mehr an frühere Erfolge anschließen konnte.
Nach dem Krieg arbeitete er als Regisseur in Österreich, Deutschland und Italien, neben Unterhaltungsfilmen realisierte er in den 50er-Jahren allerdings auch Filme, die sich mit der NS-Zeit und den Themen Antisemitismus – wie in “Der Prozess“ und Nationalsozialismus – wie in “Der letzte Akt” (mit Albin Skoda, Oskar Werner) – kritisch auseinandersetzen. An Diabetes erkrankt, konnte er die letzten zehn Jahre nicht mehr arbeiten, starb 1967 in Wien, wo er in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof beigesetzt ist.
Daniel Kehlmann, Sohn des von den Nazis verfolgten Filmemachers Michael Kehlmann, thematisiert in seinem Roman „Lichtspiel“ das Dilemma zwischen Verweigerung und Mitmachen, vor dem Künstler in einem autoritären System stehen, die ihre Kunst nicht ohne die Gunst und Hilfe der Machthaber ausüben können.
Es wäre wünschenswert, wenn Sie das Buch schon gelesen oder zumindest hineingelesen hätten. Der Autor wird nicht anwesend sein.
[1] siehe Georg Wilhelm Pabst – Wikipedia
Daniel Kehlmann (siehe Daniel Kehlmann – Wikipedia)
geboren 1975 in München, studierte in Wien Philosophie und Literaturwissenschaft. Er debütierte 1997 mit dem Roman “Beerholms Vorstellung”, 2003 folgte „Ich und Kaminski“ und 2005 mit „Die Vermessung der Welt“ sein internationaler Durchbruch. Der Roman wurde in über 40 Sprachen übersetzt und ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Romane der Nachkriegszeit. Daniel Kehlmann wurde für seine Werke mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er lebt in Wien und Berlin.